Erwachsen werden: Konfirmation & Co. © Alexey Poprotsky-123rf.com Erwachsen werden Pickel, Probleme, peinliche Eltern: Wenn unsere Kinder zu Jugendlichen werden, kennzeichnet die Pubertät ihren Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt. Der Übergang von der Kindheit ins Erwachsenenalter stellt Jugendliche allerdings vor weit größere Herausforderungen als Hautirritationen und Auseinandersetzungen mit dem anderen Geschlecht. Sie lösen sich von ihren Eltern, lernen, was Verantwortung bedeutet und beginnen, sich Sinnfragen zu stellen. Wer bin ich, wozu bin ich hier und welcher Mensch möchte ich als Erwachsener sein? Auch wenn das einerseits natürlich gut so ist, bedeutet diese Abnabelung für beide Seiten eine Menge Verwirrung und Unsicherheit. Die Phase der Emanzipation von den Vorstellungen und Lebensentwürfen der Eltern ist ein wichtiger Schritt im Reifeprozess eines Menschen, der den Eltern nicht selten schwerfällt: 15 Jahre lang verhätscheln und umsorgen sie ihr Küken und plötzlich sind sie nicht mehr die wichtigsten Menschen in seinem Leben. In nahezu allen Kulturen und Religionen der Erde wird dieser Schritt daher mit den verschiedensten Ritualen, Bräuchen und Festen begleitet. Bei Hindus feiern Mädchen das Pubertätsfest mit Beginn ihrer Periode, Jungen erhalten im Alter von 11 Jahren die „Heilige Schnur“. Bekannter sind da schon die jüdische Bar Mitzwah und Bat Mitzwah, die das Ende der Kindheit eines Jungen mit Vollendung des 13. Lebensjahres und eines Mädchen mit 12 Jahren festlegt. Buddhistische Männer sollten, bevor sie 20 Jahre alt werden, mindestens einmal drei Monate in einem Kloster gelebt haben und viele traditionelle Urvölker schicken ihre jungen Männer tagelang alleine und fastend in die Wildnis. Aus unserem Kulturkreis kennen wir vor allem die evangelische Konfirmation und die katholische Kommunion und Firmung, aber auch die konfessionslose Jugendweihe als verbreitete Initiationsriten. Familien, die sich weder mit spirituellen noch mit religiösen Riten anfreunden möchten, können ihren ganz individuellen Weg finden. Zum Beispiel beim Abenteuer-Wochenende mit Kanutour, im Yoga- Workshop am Wochenende oder bei einem selbstorganisierten „Jahr der Herausforderung“. Aber was genau steckt dahinter und was genau lernen die Jugendlichen da eigentlich? Von den christlichen Klassikern über Bräuche ferner Kulturkreise bis zu ganz individuellen Ritualen haben wir uns in der Welt der Initiationen umgesehen, und egal ob christlich oder konfessionslos, mit diesen Bräuchen können sich unsere Kinder gut gewappnet auf den Weg machen. Hauptsache, es ist der eigene. 4 www.kinderzeit-bremen.de
CHRISTLICHE INITIATIONEN Der aus dem Lateinischen stammende Begriff Konfirmation heißt übersetzt „Bestätigung“ und meint die Bekräftigung des Glaubens. Übernahmen vorher die Eltern die Verantwortung für den Glauben ihrer Kinder, bestätigen sie nun als Konfirmanden ihre Treue zum ersten Mal selbst. Das katholische Pendant im Alter von 14 Jahren heißt Firmung, also „Festigung“, der allerdings weniger Bedeutung als der vorangehenden Heiligen Erstkommunion im Alter von 9 Jahren beigemessen wird. Interessant ist, dass die begriffliche Unterscheidung zwischen Firmung und Konfirmation, wie es sie im Deutschen gibt, in den meisten anderen Sprachen gar nicht vorkommt. Die evangelische und neuapostolische Konfirmation wird kirchenrechtlich als Übertritt zum mündigen Kirchenmitglied gesehen, wobei die konkreten Rechte in den verschiedenen Kirchen unterschiedlich sind: In der lutherischen Tradition dürfen zum Beispiel nur Konfirmierte am Abendmahl teilnehmen. Voraussetzung ist – wie auch in der katholischen Kirche – die Taufe. Baptisten und Mennoniten kennen keine Konfirmation, hier steht die Gläubigentaufe für die Aufnahme in die volle Mitgliedschaft der Gemeinde. Aber auch in diesen Kirchen wird ein zweibis dreijähriger Bibelunterricht für 12- bis 14-Jährige angeboten, an dessen Ende ein besonderer Abschlussgottesdienst steht. Auch in den katholischen und orthodoxen Kirchen nimmt die Firmung beziehungsweise Myronsalbung nicht die große Rolle eines Übergangsrituals ein. In den evangelischen Kirchen und in der neuapostolischen Kirche ist die Konfirmation eine feierliche Segenshandlung, die den Übertritt ins kirchliche Erwachsenenalter markiert und im Alter von 14 Jahren stattfindet, da Kinder ab diesem Alter religionsmündig sind und nun selbst über ihre Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft entscheiden und bestimmen können, nachdem sie meist im Säuglingsalter durch die Taufe in die Gemeinschaft aufgenommen wurden und seither die Eltern die Verantwortung für den Glauben der Kinder übernahmen. Im jugendlichen, mündigen Alter haben sie dann die Gelegenheit, dieses Glaubensbekenntnis im Rahmen ihrer Konfirmation persönlich zu wiederholen. Während sich die Erwachsenen ihre Köpfe im Vorbereitungsjahr auf die Konfirmation hauptsächlich über der Planung, Durchführung und Finanzierung der Feier zerbrechen, beschäftigen sich die Jugendlichen im Unterricht vor der eigentlichen Bestätigung vor allem mit ihrer ganz persönlichen Einstellung zu ihrem Glauben, welche Bedeutung er für ihr Leben hat und wie sie ihn in ihren Alltag integrieren können und wollen. Im Konfirmandenunterricht, kurz Konfus, der meist vom zuständigen Pfarrer geleitet wird, wird den Jugendlichen christliches Grundwissen vermittelt und es werden Fragen zum Thema Glauben diskutiert, außerdem werden sie auf die bevorstehende Zeremonie vorbereitet. Die Konfirmation ist übrigens im Gegensatz zur Firmung kein Sakrament – nur Taufe und Abendmahl sind bei Protestanten Sakramente. Beim festlichen Gottesdienst, bei dem traditionell Eltern, Geschwister, Onkel, Tanten und Freunde der Familie teilnehmen und sich schick anziehen, empfangen die Konfirmanden den Segen durch Handauflegung sowie einen biblischen Konfirmationsspruch, der sie durch ihr Leben begleiten soll. Die meisten Gemeinden verzichten mittlerweile auf eine Prüfung. Stattdessen findet oft ein „Vorstellungsgottesdienst“ statt. Wer seinen Konfirmationsspruch weiß, das „Vaterunser“ und das „Glaubensbekenntnis“ sprechen kann und die „Zehn Gebote“, den Psalm 23 und die Abendmahlsworte kennt, ist für den Gottesdienst und für das Leben gut gerüstet. Die Konfirmanden bekräftigen mit den Worten „Ja, mit Gottes Hilfe!“ als evangelische Christen in Jesu Gemeinde bleiben zu wollen. Danach nehmen sie meist zum ersten Mal am Abendmahl teil. Seit in einigen evangelischen Landeskirchen das Kinderabendmahl eingeführt wurde, verliert diese Zulassung zum Abendmahl allerdings an Bedeutung. Durch die Konfirmation haben die Jugendlichen nun die Möglichkeit, aktiv am Gemeindeleben mitzuwirken und Verantwortung zu übernehmen. Die Konfirmanden gehören jetzt offiziell zu den erwachsenen Mitgliedern der Kirchengemeinde und sind berechtigt, ein Patenamt zu übernehmen oder sich christlich trauen zu lassen. Nach Abschluss des Festgottesdienstes folgt meist das große Familienfest im privaten Rahmen mit wertvollen Geschenken wie der ersten hochwertigen Armbanduhr. 5
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